Aufgelesen …. in Monhein

Automatisiert fahrende Busse machen Fahrer zu Operatoren

Autonom, so heißt es im Duden, bedeute „nach eigenen Gesetzen lebend“ und wird umgangssprachlich verwandt für: selbständig, unabhängig. „Autonom fahrende Busse – ein Modell für Köln und Region?“ fragte der Kölner Stadtanzeiger am 23. Okt. 2018, da das in der Kölner Bucht liegende Städtchen Monheim voll auf die digitale Transformation  setzet: “Dort fahren ab 2019 selbstfahrende Busse durch die Stadt.“ Ein halbes Jahr später kündigt die Stadt Monheim[1] den autonomen Linienbetrieb für den Herbst 2019 an: „Als Smart City realisiert die Stadt Monheim am Rhein verschiedene digitale Projekte. Bundesweit einzigartig ist die Flotte automatisiert fahrender Busse, die ab Herbst zwischen Busbahnhof und Altstadt pendelt.“

Mittlerweile neigt sich der Herbst dem Endezu, die angekündigten „automatisiert fahrende(n) Busse“ in Monheim lassen jedoch weiter auf sich warten. Kürzlich erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)[2] ein Artikel über die knapp 20 bundesdeutschen Projekte mit autonomen Bussen unter der Überschrift: „Sechser ohne Steuermann“. Darin wird vor allem das Beispiel Monheim vorgestellt. „Sechser“ in der Überschrift bezieht sich auf die Anzahl der Fahrgäste, die dieser etwa 4 Meter lange, autonome Bus mitnehmen kann. Das gesamte Projekt in Monheim kostet mit 5 autonomen Bussen einschließlich Ladeinfrastruktur für die Busbatterien 2,1 Mio. Euro, von denen das Land Nordrhein-Westfalen 90 % übernommen hat. 

Noch ist in Monheim alles im Planungszustand, auch für die 12 Operatoren, die die 20 km/h schnellen, im Zehnminutentakt fahrenden Elektrobusse auf der zukünftigen Linie 12 begleiten sollen, nicht als ‚Steuermann‘, sondern für den Notfall. Die Stadt hat auf der zwei Kilometer langen Rundstrecke extra einen Einbahnstraßenverkehr eingerichtet und diesen als Tempo 30 – Zone ausgeschildert. So verliert sich die Wortverbindung von autonom und unabhängig langsam und die ursprüngliche Bedeutung von „nach eigenen Gesetzen lebend“ gewinnt die Oberhand. Nicht wegen der Fußgänger oder Radfahrer wird in der Altstadt von Monheim eine Tempo 30 – Zone eingerichtet, sondern damit „die Diskrepanz zum übrigen Autoverkehr nicht zu groß wird“, wie der Autor in dem FAZ-Artikel schreibt. Noch deutlicher werden die „eigenen Gesetze“ des autonomen Busverkehrs, wenn wir uns die geplante Umwandlung einer Busfahrerin in eine Operatorin und umgekehrt ansehen. Denn der TÜV Rheinland „hat präzise vorgeschrieben, dass sie nicht länger als 45 Minuten mit dem Stick auf dem Stehplatz arbeiten (darf)“, denn diese Tätigkeit sei „hochkonzentriertes Nichtstun“. Auch dies gehört zu den „eigenen Gesetzen“ des autonomen Busverkehrs.

Übrigens kann die Operatorin, wenn sie wieder Busfahrerin ist und in ihrer Dienstschicht hochkonzentriert auf der Linie 790 mit einem voll besetzten 12 Meter langen Bus Richtung S-Bahnhof Langenfeld fährt, laut Tarifvertrag TVN-NRW acht Stunden am Steuer des Busses sitzen, bei Dienstschichten, die in „betriebsnotwendigen Fällen“ bis zu 14 Stunden ausgedehnt werden können. Welche Wertigkeit besitzt „hochkonzentriertes Tun“ als Busfahrerin im ÖPNV in diesen Tagen? Denn dieses wird noch für viele Jahre im ÖPNV erforderlich sein. Das Fahrpersonal im ÖPNV sollte nicht auf die autonomen Busse warten, um ihre Arbeitsbedingungen vermeintlich zu verbessern. Es könnte ein langes Warten werden.

Volker Röske

PS: Die Stadt Monheim vermeldet auf ihrer Internetseite[3]: „Voraussichtlich ab Frühjahr 2020 bilden fünf E-Busse eine allein mit autonom fahrenden Fahrzeugen bestückte Linie zwischen Busbahnhof und Altstadt. Die Fahrten verlaufen ganz normal, im fließenden Verkehr, täglich von 7 bis 24 Uhr nutzbar mit den üblichen ÖPNV-Tickets.“ Ergänzt werden sollte: … „ganz normal“ – nach eigenen Gesetzen.


[1] Pressemitteilung vom 27. März. 2019

[2] FAZ vom 26. Nov. 2019

[3] Internetseite der Stadt Monheim: https://www.monheim.de/stadtleben-aktuelles/stadtprofil/smart-city; Abfrage am 03. Dez. 2019