Der öffentliche Nahverkehr wird zum Dreh- und Angelpunkt der Verkehrswende. Innerhalb weniger Jahre soll er um 30 Prozent wachsen und seine Busflotten zu 65 Prozent auf emissionsarme Fahrzeuge umstellen. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Beschäftigten: Arbeitsabläufe und Qualifikationsanforderungen wandeln sich. Diese Veränderungen diskutierten 60 Betriebsräte aus ganz Deutschland auf einer Fachtagung des Koblenzer Forum, dem Branchenforum für den ÖPNV, in Köln. Ihr Fazit: Die Verkehrswende gelingt nur, wenn Arbeitnehmervertretungen sie aktiv mitgestalten.
Zurzeit werden in vielen Kommunen Fahrzeuge getestet und auf die jeweiligen Verkehrsanforderungen hin weiterentwickelt – ebenso die Ladeinfrastruktur. Angesichts der noch unausgereiften Technik werden Verkehrsunternehmen mehr und mehr zu Entwicklungszentren mit entsprechendem Personalbedarf: Gebraucht werden Ingenieure und Elektrotechniker. Der klassische „Schrauber“ verliert an Bedeutung. Berufsbilder verändern sich. Das löst Ängste aus. Umlauf- und Dienstpläne müssen angepasst werden – beispielsweise, weil es mehr Zeit erfordert, einen E-Bus zu laden, als ein Diesel-Fahrzeug zu betanken. Umso wichtiger ist es, dass Betriebsräte frühzeitig in den Umstellungsprozess eingebunden sind und die Verkehrswende auch im Sinne der Kollegen mitgestalten.
All das birgt Perspektiven für die Betriebsratsarbeit – aber auch ein Dilemma. Denn der politische Veränderungsdruck ist hoch. Damit wächst die Gefahr, dass nicht genug Zeit bleibt, um tragfähige Lösungen zu finden – und die Gefahr von erheblichen Fehlinvestitionen, die den Betrieb schwer belasten.
Parallel zur Umstellung auf emissionsarme Fahrzeuge soll der Nahverkehr in den nächsten Jahren seine Kapazität um 30 Prozent steigern. Doch schon jetzt kann der Tagesbetrieb aufgrund von Personalmangel kaum bewältigt werden. Die Folge sind hohe Krankenstände wegen Überlastung durch Überstunden.
Die Tagung des Koblenzer Forums thematisierte all diese Herausforderungen und bot durch fachlichen Input Hilfestellungen für die Betriebsratsarbeit. Am Ende stand fest: Es war die erste, aber nicht die letzte Tagung zur E-Mobilität im ÖPNV. „Für die Umstellung auf E-Busse gibt es nicht die eine Lösung. Sie gelingt nicht im großen Wurf“, so das Fazit von Thomas Wunder, Mitinitiator des Koblenzer Forums. Angesichts der noch unausgereiften Technik seien eher viele kleine Schritte notwendig, um das Richtige zu finden und umzusetzen. „Wir bleiben dran.“
Anja Martin