Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) verliert an Bedeutung. Schuld sind nicht nur Homeoffice, Online-Shopping und die vermehrte Nutzung des Autos infolge der Corona-Pandemie. Busse und Bahnen müssen auch attraktiver werden. Wie das gelingen kann, diskutieren vom 12.-14. Juli 2021 rund 70 Betriebsräte sowie Unternehmens- und Verbandsvorstände aus ganz Deutschland in Boppard auf dem jährlichen Treffen des Branchennetzwerks „Koblenzer Forum“. Mit-Initiator Thomas Wunder fordert: „Wir brauchen ein starkes Signal der Politik für den öffentlichen Personennahverkehr.“
Boppard/Altenkirchen 9. Juli 2021 – Die Corona-Einschränkungen haben bei den Nahverkehrsunternehmen zu hohen finanziellen Verlusten geführt. Fahrpreiserhöhungen und Einsparungen sind die Folge. Sie werden den Trend verstärken, Busse und Bahnen zu meiden. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt: 25 Prozent der ÖPNV-Nutzenden werden den öffentlichen Nahverkehr nach der Corona-Krise seltener, 18 Prozent gar nicht mehr nutzen.
„In dieser Situation kann es nicht bei gutgemeinten Aufforderungen bleiben, den öffentlichen Nahverkehr mehr zu nutzen“, so Thomas Wunder, Branchenexperte und Mit-Initiator des Koblenzer Forums. „Die Politik muss jetzt entscheiden: Wollen wir die Verkehrswende oder nicht? Wenn ja, braucht es dichtere Takte, ausreichend Personal, bequeme und klimaneutrale Busse und Bahnen sowie ein einfaches Bezahlsystem. Das kostet viel Geld. Aber ohne einen attraktiven Nahverkehr werden die Menschen nicht vom Auto auf den ÖPNV umsteigen.“
Zukunft des ÖPNV: Raus aus dem Mauerblümchen-Dasein
Auf der Tagung in Boppard werden notwendige Veränderungen eines ÖPNV der Zukunft im Mittelpunkt stehen. Dabei werden Beispiele aus ganz Deutschland zur aktuellen Finanzierungssituation, einer schleichenden Privatisierung bei der Umsetzung digitaler Linienbedarfsverkehre bis hin zum Anwendungsstand bei klimafreundlichen Antrieben und moderner Personalentwicklung vorgestellt und diskutiert.
„Solange die Bundesländer ihrer verfassungsmäßigen Verantwortung für den gesamten ÖPNV nicht vollumfänglich gerecht werden, wird eine klimafreundliche Mobilität mit mehr Fuß- und Radverkehr sowie einem attraktiven und preiswerten ÖPNV – auch auf dem Land – eine Wunschvorstellung bleiben“, stellt Dr. Volker Röske, Mitbegründer des Koblenzer Forums, fest.
„Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass Bundesländer die ihnen zur Verfügung gestellten ÖPNV-Finanzierungsmittel nicht voll ausschöpfen“, so Röske. Rheinland-Pfalz beispielsweise hat 61,7 Mio. Euro der für das Jahr 2017 verfügbaren Mittel nicht genutzt. Das geht aus einer Unterrichtung des Bundestages durch die Bundesregierung vom 14.10.2020 hervor. „Eine Verkehrswende, in der die systemrelevante Nahverkehrsbranche ein Mauerblümchen-Dasein führt, ist zum Scheitern verurteilt.“
Hintergrund: Das Koblenzer Forum
Seit 2003 treffen sich jedes zu Beginn eines jeden Jahres Nahverkehrs-Experten aus Betriebsrat, Gewerkschaft sowie Unternehmens- und Verbandsvorstand, um drei Tage lang aktuelle Themen des ÖPNV zu beraten. Aufgrund der Corona-Pandemie findet die Tagung in diesem Jahr erstmals im Sommer und nicht in Koblenz, sondern auf einem Rheindampfer in Boppard statt.
Mittlerweile hat sich das Koblenzer Forum zu einem Netzwerk entwickelt, das die Entwicklung im ÖPNV aus Sicht der Beschäftigten diskutiert und vorantreibt. Auf einer geschützten Internetplattform können sie sich austauschen sowie aktuelle Informationen und hilfreiche Arbeitsmaterialien abrufen. Initiiert und organisiert wird das „KoFo“ von der Thomas Wunder Unternehmensberatung für Mitbestimmung und Organisationsberatung.
An die Redaktionen: Für Interviews und Fotos wenden Sie sich bitte an Anja Martin, Tel. mobil 0163 63 88 900 oder per Mail prese@koblenzer-forum.de