Ohne Mitbestimmung keine Verkehrswende (Pressemeldung)

Nach zwei Jahrzehnten Kosteneinsparungen im öffentlichen Nahverkehr wendet sich das Blatt. Der ÖPNV wird zum Herzstück der Verkehrswende – mit weitreichenden Folgen: Verkehrsunternehmen entwickeln sich zu Innovationszentren, Arbeitsbedingungen verändern sich und neue Berufsbilder entstehen. Die Mitbestimmung steht vor neuen Herausforderungen.

Köln/Altenkirchen, 06.11.2019 – Der öffentliche Nahverkehr wird zum Dreh- und Angelpunkt der Verkehrswende. Innerhalb weniger Jahre soll er um 30 Prozent wachsen und seine Busflotten zu 65 Prozent auf emissionsarme Fahrzeuge umstellen. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die Beschäftigten: Arbeitsabläufe und Qualifikationsanforderungen wandeln sich. Diese Veränderungen diskutierten 60 Betriebsräte aus ganz Deutschland auf einer Fachtagung des Koblenzer Forum, dem Branchenforum für den ÖPNV, in Köln. Ihr Fazit: Die Verkehrswende gelingt nur, wenn Arbeitnehmervertretungen sie aktiv mitgestalten.

„Die Einführung von E-Bussen zieht einen tiefgreifenden Wandel für die Beschäftigten der Verkehrsunternehmen nach sich“, erklärt Thomas Wunder, Mitinitiator des Koblenzer Forums und Berater für Mitbestimmung und Organisationsentwicklung.

So müssen Umlauf- und Dienstpläne angepasst werden – beispielsweise, weil es mehr Zeit erfordert, einen E-Bus zu laden, als ein Diesel-Fahrzeug zu betanken. Auch verlangt die Wartung von E-Bussen andere Qualifikationen als die herkömmlicher Linienbusse. Die Folge: Neue Berufsbilder entstehen. Der klassische „Schrauber“ verliert an Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als sich Verkehrsunternehmen mehr und mehr zu Innovationszentren wandeln. Angesichts der noch unausgereiften Technik werden in vielen Kommunen derzeit Fahrzeuge getestet und auf die Verkehrsanforderungen vor Ort hin weiterentwickelt – ebenso wie die Ladeinfrastruktur. Gebraucht werden dazu vor allem Ingenieure und Elektrotechniker.

„Dieser Wandel bietet viele Perspektiven, aber er löst auch Ängste aus“, so Wunder. „Deshalb ist es wichtig, dass Betriebs- und Personalräte ihre gesetzlich verankerten Mitbestimmungsrechte bei der Umstellung auf E-Busse frühzeitig und umfassend wahrnehmen können.  Es gilt, die Verkehrswende auch im Sinne der Beschäftigten zu gestalten.“

Neben der Umstellung auf emissionsarme Fahrzeuge stellt auch das von der Politik geforderte Kapazitätswachstum die Arbeitnehmervertreter vor große Herausforderungen. Schon jetzt kann der Tagesbetrieb aufgrund von Personalmangel kaum bewältigt werden. Hohe Krankenstände wegen Überlastung durch Überstunden sind dafür ein deutliches Zeichen. „Der Erfolg der Verkehrswende hängt maßgeblich von der personellen Ausstattung der Betriebe ab“, so Wunder.

An die Redaktionen: Interviewanfragen und weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Anja Martin, anja.martin@wunder-ub.eu, 0163 63 88 900.